Quartalston 3/2025

Tonarchiv IVDE Freiburg, Band 508, aufgenommen in Heilbronn, März 1963.

Alter Arbeitsplatz in der neuen Heimat – „Arbeit schafft Heimat“

Herr S. aus Schwedler/Švedlár in der Zips berichtet über sein Berufsleben in der Slowakei und in Deutschland vor und nach dem Zweiten Weltkrieg.

Durch Vermittlung seines Onkels hat er 1927 Arbeit in „Kasch“ [wohl Kaschau/Kosiče] bei der Firma Heinrich Franck Söhne erhalten, die Ersatzkaffee aus Zichorienwurzeln herstellte. Drei Jahre später wechselte er in ein Werk in Sereth/Sered‘, östlich von Pressburg/Bratislava. Nach der Vertreibung gelangte Herr S. zunächst nach Österreich, ein Jahr später nach Ludwigsburg, dem Stammsitz der Firma Franck.  Dort arbeitete er auf der bereits 1844 errichteten Darre in Großgartach.

Die Arbeit mit der Zichorie, dem veredelten Samen der Wegwarte, die nach dem Dörren in Ludwigsburg weiterverarbeitet wurde, stellte eine Konstante im Leben von Herrn S. dar. In alter und neuer Heimat war er bei derselben Firma beschäftigt, eine Tatsache, die Sicherheit gab und das Einleben erleichterte. Das in den 1950er-Jahren verbreitete Schlagwort „Arbeit schafft Heimat“ trifft auf das Leben des aus der Zips stammenden Erzählers also zu.

Ersatzkaffee

An der Wende vom 19. zum 20. Jh. hatte der Kaffee allmählich in allen Bevölkerungsschichten den bis dahin weit verbreiteten morgendlichen Getreidebrei verdrängt. Weil er jedoch, wie die anderen aus den Kolonien importierten Genussmittel, teuer war, wurde er häufig mit geröstetem Getreide und Zichorienwurzel gestreckt. In späteren Notzeiten griff man auf dieses Ersatzprodukt zurück. Die 1828 gegründete, seit 1869 in Ludwigsburg produzierende Zichorienfabrik Franck errichtete in der Folge in allen Teilen der Habsburgermonarchie Zweigniederlassungen.

 

Tonarchiv: Elisabeth Fendl