Forschungsprojekt

Re-Invention of Traditions in Ostmitteleuropa, Beispiel Ungarn

1989, Wende in Ostmitteleuropa. Der bis dato gültige Fest-Kalender ändert sich auf einen Schlag in allen ehemaligen Ostblock-Ländern. Ehemalige Pflicht-Feiertage wurden über Nacht annulliert, alte Fest- und Brauchpraktiken und kirchliche Festtage revitalisiert und „neue Traditionen“ wurden „erfunden“: Eine Rückbesinnung auf lokale Traditionen und ein Boom an „Festivalisierung“ begann.
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Projektdetails

Projektleitung: Apl. Prof. Dr. Michael Prosser-Schell, Dr. Csilla Schell
Projektbeteiligte: Studierende der Universität Freiburg (Institut für Empirische Kulturwissenschaft)
Projektlaufzeit: 2014–2018
Kooperationen/Projektpartner:
Prof. Dr. Bertalan Pusztai, Lehrstuhl für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Szeged (Ungarn)

Die Idee hinter diesem Projekt war, zwanzig Jahre nach der Wende die nach einer gesellschaftlichen Schwellensituation neu entstandenen sowie im sozialistischen Regime verdrängten, verbotenen und nun in statu nascendi befindlichen Traditionen und Feste zu beobachten, eine Tendenz, die wir nach Eric Hobsbawm formelhaft als „Invention of Tradition“ bezeichneten. Wir hofften, anhand der Wandlung des Festwesens Einblicke in die gesellschaftliche Transformation im Beispielland Ungarn zu bekommen. 

In der ersten Projektphase wurden Daten zu neuen beziehungsweise revitalisierten Fest- und Brauchpraktiken aus Ländern des östlichen Europa erhoben, teilweise unterstützt durch vor Ort forschende Kolleginnen und Kollegen. In dieser Zeit versuchte fast jeder Ort, ein ortstypisches Lokalfestival auf die Beine zu stellen. So konnten wir aus dem Vollen schöpfen: Eine anfangs unkanalisierte und spontane Erfindungswelle förderte das Entstehen lokaler Festivitäten, darunter viele gastronomische Festivals, die ortstypische Produkte in den Mittelpunkt stellten und binnen kurzer Zeit überregionale Bekanntheit und hohe Besucherzahlen erzielten.

In der zweiten Projektphase nahm die deutsch-ungarische Kooperation seitens des IKDE mit dem Lehrstuhl für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Szeged (Ungarn) neue Gestalt an: Nach der gemeinsam organisierten Tagung „Gefundene und erfundene lokale Feste und Festivals nach der Wende – zwischen ‚Ethnobusiness‘ und Selbstvergewisserung“ im September 2015 in Freiburg folgte ein Austauschbesuch in Ungarn im Forschungsfeld im Beisein von Studierenden der Universität Freiburg. Dabei bildete die Studienexkursion zum „Stifolder-Fesztivál“ im ungarndeutschen Dorf Feked den Kristallisationspunkt.